Herr Erndl, wie läuft ihr dritter Bundestags-Wahlkampf?
Erndl: Seit Jahresbeginn sind wir voll dabei und viele in der Partei helfen mit. Ein zentrales Thema ist die Wirtschaft. In unserer Region spüren wir massiv, dass es eine große Investitionszurückhaltung gibt, und in vielen Bereichen sehen wir einen Einbruch. Gerade in der Autoindustrie schlägt die Krise voll durch. Dann gibt es das Dauerthema Migration. Wir zeigen hier klare Kante – sowohl die Partei als auch ich persönlich. Dazu kommen weitere Themen wie Außenpolitik, Frieden und Sicherheit, Russland, Ukraine. Und dann gibt es die Unzufriedenheit der Menschen mit der Frage: Funktioniert unser Staat? Ist unsere Infrastruktur so, wie sie sein müsste? Das Spektrum ist breit, aber Wirtschaft und Migration sind die Top-Themen. Das interessiert die Menschen am Infostand.
Und was erzählen Sie den Menschen am Infostand zum Thema Wirtschaft?
Erndl: Dass wir dringend einen Politikwechsel in vielen Bereichen brauchen. Es geht um die Steuer- und Bürokratiebelastung für Unternehmen – ein Thema, das wir entschlossen angehen wollen. Das betrifft die europäische, die nationale und auch die Landesebene. Entscheidend ist zweitens Verlässlichkeit: Förderprogramme dürfen nicht plötzlich beendet werden, wie es bei der KfW-Förderung am Bau oder bei der Elektromobilität passiert ist. Wenn wir vermitteln können, dass politische Rahmenbedingungen in den nächsten vier Jahren verlässlich sind, ist das schon ein großer Schritt.
Das zweite Thema ist, dass sich Leistung lohnen muss. Wir brauchen klare Signale: Wer sich anstrengt, wird belohnt. Rentner, die aus dem Arbeitsleben ausgeschieden sind, könnten bis zu 2000 Euro steuerfrei dazuverdienen. Steuerfreie Überstundenzuschläge ab der 41. Stunde wären ein anderes Beispiel. Dabei geht es auch um eine Botschaft: 40 Stunden sind der Normalfall. Es gibt Parteien, die von 20-Stunden-Wochen sprechen – das ist völlig realitätsfremd. Unser Wohlstand hängt davon ab, dass wir fleißig sind und jeder, der kann, seinen Beitrag leistet. Die Diskussion um Drei- oder Vier-Tage-Wochen haben auch das Potential, die Gesellschaft zu spalten. In Bereichen wie Pflege oder Handwerk kann Arbeitszeit nicht einfach durch Automatisierung reduziert werden. Wir sagen klar: 40 Stunden und eine ausgefüllte Arbeitswoche – Das ist der Normalfall. Und damit sich Leistung wieder lohnt, müssen wir nach der Wahl auch das Bürgergeld abschaffen.
Sie haben die kurzfristig gestoppten Förderprogramme angesprochen. Sollen die wieder eingeführt werden?
Erndl: Im Bauwesen müssen Förderprogramme dringend wiederbelebt werden, damit sich Familien weiterhin den Traum vom Eigenheim erfüllen können. Dafür müssen wir auch die Standards senken, um günstiger bauen zu können. Im Bereich Elektromobilität wollen wir einen weiteren Anschub geben, weil der Markt noch nicht richtig in Fahrt gekommen ist. Natürlich können wir nicht alles ausgleichen, was internationale Herausforderungen wie die Probleme der Autoindustrie in China oder die Entwicklungen in den USA mit sich bringen. Aber wir müssen unsere nationale Stärke wieder erreichen, um überhaupt international handlungs- und wettbewerbsfähig zu sein.
Mir ist aber auch wichtig: Unsere Region hat in den letzten Jahren stark in die Ausbildung und den Wissenstransfer investiert. Wir haben Berufsschulen, die auf dem neuesten Stand sind, und mit der Technischen Hochschule in Deggendorf sowie den Technologietransfer-Zentren eine hervorragende Basis geschaffen. Diese Investitionen in Forschung, Wissenschaft und Bildung – sowohl akademisch als auch beruflich – werden sich auszahlen. Selbst wenn wir aktuell wirtschaftlich schwierige Zeiten erleben, ist die Grundlage für künftigen Wohlstand fest bei uns in der Region verankert.. Unser Erfolg hat immer darauf basiert, dass wir besser und innovativer waren als andere. Und auch wenn wir jetzt eine wirtschaftliche Delle haben: Ich bin überzeugt, dass wir die überwinden.
Thema Infrastruktur: Welche großen Aufgaben sehen Sie im Wahlkreis?
Erndl: Unsere Verkehrsinfrastruktur hat klare Priorität: Die Top-Projekte sind die Autobahn und die Bahnlinie Plattling-München. Im Landkreis Freyung-Grafenau ist an einigen Stellen noch die B12 zu optimieren. Ein weiteres wichtiges Thema ist der Autobahnzubringer Hutthurm, der leistungsfähiger werden muss. Außerdem wollen wir die Planungen für den sechsspurigen Ausbau der A3 im Abschnitt Hengersberg-Aicha voranbringen. Diese Projekte sind essenziell, und dafür braucht es Steuereinnahmen – was wiederum nur möglich ist, wenn die Wirtschaft läuft.
Für den Autobahn-Abschnitt Deggendorf-Hengersberg haben wir derzeit geschätzte Kosten von über 400 Millionen Euro. Die Ausschreibungsergebnisse zeigen, dass diese Schätzung realistisch ist. Das Projekt muss jetzt zügig auf den Weg gebracht werden, weil Verzögerungen die Kosten weiter in die Höhe treiben würden. Dann investiert der Bund und der Freistaat in den nächsten Jahren etwa 600 Millionen in den Ausbau der Bundeswasserstraße Donau mit Hochwasserschutz zwischen Straubing und Vilshofen. Insgesamt fließt also mehr als eine Milliarde Euro an Investitionen in unsere Region. Das wird in der Zukunft spürbare Wirkung zeigen.
Dafür wird aber erst einmal die Bahnlinie Regensburg-Passau ein halbes Jahr komplett gesperrt. Ist diese Art der Sanierung der richtige Weg?
Erndl: Das ist für unsere Region wirklich ein großes Problem, weil es keine direkte Ausweichstrecke gibt. Aber ich bin überzeugt, dass man diese Korridorsanierungen durchziehen muss. Wenn man das jetzt erneut aufschnürt und in Frage stellt, wäre das für das gesamte Bahnsystem nicht hilfreich. Die Bahn muss sich wirklich anstrengen, die Arbeiten in der versprochenen Zeit abzuschließen. Ich möchte auch, dass in dieser Zeit zusätzlich einige Bauwerke wie Brücken ersetzt werden, das wird derzeit geprüft.
Wie sehr hinkt Deutschland bei der digitalen Infrastruktur immer noch hinterher?
Erndl: Bei der digitalen Infrastruktur sehen wir Fortschritte. Viele Gemeinden sind bereits mitten in der Umsetzung, einige sind fertig. Ich denke, die Förderprogramme von Land und Bund haben sich hier bewährt. Jetzt geht es darum, die Projekte konsequent abzuschließen, damit wir am Ende der kommenden Wahlperiode den Großteil der Gebäude im Wahlkreis an Glasfaser angeschlossen haben. Wichtig ist auch, dass wir für die Nutzung der schnellen Anschlüsse werben. Die Telekom-Unternehmen berichten, dass die Haushalte oft zögerlich sind. Teilweise nutzen weniger als 20 Prozent die neuen Glasfaseranschlüsse.
Zur Infrastruktur gehört auch die Gesundheitsversorgung. Wie soll es mit der Krankenhausreform weitergehen?
Erndl: Es ist klar, dass wir in Deutschland für die stationäre Behandlung in Krankenhäusern wesentlich mehr Geld ausgeben als andere Länder. Deshalb muss man sich die Struktur ansehen, das ist völlig unstrittig. Aber wenn man über Strukturveränderungen nachdenkt, etwa Schließungen von Krankenhäusern, muss man die besonderen Bedürfnisse des ländlichen Raums berücksichtigen. Bei uns geht es auch um Fragen wie Flächenabdeckung und zeitliche Erreichbarkeit. Das ist von Gesundheitsminister Lauterbach völlig vernachlässigt worden und eine große Aufgabe für die nächste Regierung, diese Themen in die Reform mit einzubeziehen. Die Reform muss so gestaltet werden, dass die Krankenhäuser, die wir brauchen, auch wirtschaftlich überleben können. Es kann nicht die Aufgabe der Kommunen sein, ständig Geld ins Krankenhauswesen zuzuschießen. Hier muss der ländliche Raum endlich mitgedacht werden, anstatt nur Politik für die Ballungsräume zu machen.
Sie sind Außenpolitiker – ein Bereich, der im Fokus steht wie schon lange nicht mehr.
Erndl: Das ist tatsächlich ein sehr dynamisches Politikfeld. Jeden Tag passieren viele Ereignisse, die man aufnehmen, einordnen und bewerten muss. Das macht die Arbeit intensiv und vielfältig. Gerade für uns im Herzen Europas ist die geopolitische Lage und kluge Außenpolitik von enormer Bedeutung.
Die Lage in der Ukraine ist äußerst angespannt. Wie schätzen Sie die Situation ein?
Erndl: Die Lage in der Ukraine ist schwierig. Ich bin überzeugt, dass dieser Konflikt nicht zu einem Ende kommt, so lange Putin jeden Tag Geländegewinne erzielt. Putin glaubt nach wie vor, dass er die Ukraine unterwerfen und die europäische Friedensordnung zerstören kann – was dann auch unsere Sicherheit in Deutschland und Europa gefährdet.
In der Bevölkerung gibt es eine große Skepsis gegenüber Waffenlieferungen für die Ukraine. Haben Sie dafür Verständnis?
Erndl: Ich verstehe, dass viele Menschen besorgt sind. Jeder will, dass der Krieg so schnell wie möglich vorbei ist. Allerdings glaube ich nicht an die Logik, dass wir durch weniger Unterstützung für die Ukraine ein schnelles Ende erreichen. Im Gegenteil – wenn die Ukraine fällt, haben auch wir ein massives Problem. Leider hat die Halbherzigkeit der Unterstützung durch Olaf Scholz, besonders am Anfang des Krieges, zu den jetzigen Schwierigkeiten beigetragen. Wir sollten die Unterstützung eher ausbauen und uns nicht beschränken. Ich halte nichts davon, auf Putins Drohungen einzugehen oder vor einem Eskalationspotenzial zu warnen. Putin ist der, der jeden Tag eskaliert.
Was bedeutet der Konflikt für die Zukunft der Sicherheitspolitik?
Erndl: Die wichtigste Erkenntnis aus diesem Konflikt ist, dass wir Europäer stärker für unsere eigene Sicherheit sorgen müssen. Die USA werden langfristig nicht mehr in dem Maße wie bisher für unsere Sicherheit einstehen. Das bedeutet, dass wir mehr in unsere Verteidigung investieren müssen. Was im Übrigen auch für den Wahlkreis ein großes Thema ist. Wir haben hier Bundeswehrstandorte, die ein wichtiger lokaler Arbeitgeber sind. Wenn wir die Bundeswehrstandorte ausbauen, wird davon auch die heimische Wirtschaft profitieren, ebenso von höheren Ausgaben für Waffensysteme und Wehrtechnik. Ich bin auch überzeugt, dass wir auf Dauer an einer Art Wehrdienst oder Wehrpflicht nicht vorbeikommen. Das sollten wir ebenfalls nutzen, um unsere Standorte zu stärken.
Zum Schluss noch zum zweiten großen Thema des Wahlkampfs: Migration. Welche Botschaft haben Sie dazu für die Wähler?
Erndl: Wir sehen auch in der Region, dass die Belastungen in Bereichen wie Bildung und Integrationsinfrastruktur enorm gestiegen sind. Unsere Kommunen sind am Anschlag. Wir sind an einem Punkt, wo das kaum noch zu bewältigen ist. Es ist für uns daher klar, dass die Zahl der Asylbewerber drastisch reduziert werden muss. In den letzten Jahren hatten wir jährlich über 300.000 Menschen, die über Asyl oder Flucht zu uns gekommen sind. Das ist in dieser Größenordnung nicht tragbar. Wir in der Union sind sehr entschlossen, jetzt eine Wende herbeizuführen. Die CSU hat schon immer eine striktere Asylpolitik gefordert. Friedrich Merz und die CDU stehen in dieser Frage voll und ganz auf einer Linie mit der CSU. Es gibt Bewegung, auch in den anderen Parteien. Die SPD-Innenministerin hat Grenzkontrollen eingeführt, wenn auch nicht in der Ausprägung, wie wir sie fordern. Diese Kontrollen zeigen aber, dass sie Wirkung haben können. Unsere klare Forderung ist aber die konsequente Zurückweisung direkt an der Grenze. Und wer ausreisepflichtig ist, muss ausreisen oder bis zu einer Abschiebung in Gewahrsam kommen. Dafür werden wir die Gesetze ändern. Friedrich Merz hat das unmissverständlich zur Bedingung jeglicher Regierungsbildung gemacht. Sicherheit hat oberste Priorität – für unser Land, unsere Kommunen und die Menschen, die hier leben.
Diese Zurückweisungen vertragen sich aber nicht mit EU-Recht.
Erndl: Renommierte Rechtsexperten bestätigen unsere Ansicht, dass wir über Notfallmechanismen die Überlagerung unserer nationalen Regelungen durch europäisches Recht aussetzen können. Das Grundgesetz erlaubt Zurückweisungen, wenn jemand aus einem sicheren Staat wie Österreich zu uns einreisen möchte. Diese Möglichkeit müssen wir jetzt nutzen. Es geht uns nicht darum, humanitäre Standards aufzugeben. Es geht um Kontrolle, Planbarkeit und die Frage, wie viele Menschen wir tatsächlich erfolgreich in unsere Gesellschaft integrieren können. Die Zahlen müssen massiv gesenkt werden. Das werden wir mit großer Entschlossenheit umsetzen. Daran werden wir uns messen lassen.
Interview Stefan Gabriel, PNP